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3. Das Multi-Spiel-Programm “Morphling” und seine Spielklasse “Clobber”

In der Diplom-Arbeit des Jenaer Informatik-Studenten Thomas Rolle ist das Multi-Spiel-Programm Morphling entstanden [Rol2003]. Morphling ist, was die Klasse der realisierbaren Spiele angeht, nicht so allgemein wie Zillions-of-Games, hat dafür aber einen einfacheren Mechanismus zum Design neuer Spielvarianten. Auch erlaubt Morphling im Gegensatz zu Zillions das intensive automatische Testen neuer Spielvarianten durch Autoplay-Experimente. Rolle selbst implementierte vier verschiedene Spielklassen in Morphling: Blobs (Basisspiel), Blocks (als Verallgemeinerung von Crosscram/Domineering, siehe Zillions-Realisierung des Basisspiels), Connect-N (als Verallgemeinerung des bekannten Vier gewinnt) und Move-to-Four (als Verallgemeinerung eines kleinen Spiels von H.D. Ruderman, siehe Zillions). Wegen besserer internationaler Einsetzbarkeit ist Morphling in einfacher englischer Sprache realisiert.

Unabhängig voneinander implementierten Peter Stahlhacke und Eiko Bleicher die fünfte derzeit existierende Morphling-Spielklasse mit Namen Clobber. Sie basiert auf dem sehr einfachen Spiel Clobber von R. Nowakowski, M. Albert und J.P. Grossman [Alt2002b]. Hier ist beschrieben, wie eine Variante von Clobber (namens “SideKicker”) innerhalb von Morphling definiert werden kann.

Bei Clobber und all seinen Varianten hat jeder Spieler nur einen Figurentyp, und es kann einige neutrale Mauern auf dem Spielbrett geben. Das Wort Clobber gehört übrigens zur englischen Sprache und bedeutet “Klopperei” oder “Prügelei”.

Die Bewertungsfunktion für Clobber und all seine Varianten ist in Morphling ganz einfach gehalten: Es werden nur die roten und blauen Figuren gezählt und die Differenz gebildet. Zusätzlich werden bei eingeschalteter Variabilität die Stellungsbewertungen durch Addition (kleiner) Zufallszahlen variiert. Dies führt nicht nur zu abwechslungsreicherem Spiel durch den Computer, sondern typischerweise auch dazu, dass der Computer in Richtung von Stellungen zieht, in denen seine Figuren eine höhere Mobilität haben als die des Gegners. Dieses Kriterium ist vor allem in Clobber-Varianten hilfreich, in denen es keine oder nur Schlagzüge gibt. Der oftmals positive Einfluss von Zufalls-Inkrementen auf die Spielstärke des Computers ist in Jena in zwei Diplomarbeiten experimentell untersucht worden: von Thomas Rolle [Rol2003] für 2-Personen-Spiele und von Susanne Heuser [Heu2003] für Puzzles.

Hat man eine (neue) Spielvariante definiert, kann Morphling Sparrings-Wettkämpfe gegen sich selbst spielen, wobei die Seiten von Spieler-1 und Spieler-2 verschieden eingestellt werden können.

Wir schließen den Abschnitt mit einer Beschreibung von SideKicker in normaler Sprache, so wie man sie in einer Spielanleitung finden würde:

SideKicker ist ein Brettspiel für zwei Personen, Rot und Blau genannt. SideKicker wird auf einem rechteckigen Spielbrett der Größe 7 mal 6 gespielt, mit permanenten Mauern auf den Spielfeldern c3 und e4. Die beiden Spieler ziehen abwechselnd, und Rot beginnt. Wer am Schluss als Letzter noch ziehen kann, hat gewonnen. Unentschieden sind nicht möglich. Jeder Spieler hat sieben Figuren. Zu Beginn sind die roten Figuren auf der nördlichen Grundlinie a6, b6, …, g6 platziert, und die blauen Figuren auf der südlichen Grundlinie a1, b1, …, g1. Ist ein Spieler am Zug, so darf er eine seiner Figuren einen Schritt vorwärts ziehen. “Vorwärts” heißt für Spieler Rot in Richtung Süd oder Südwest oder Südost, und für Spieler Blau in Richtung Nord oder Nordwest oder Nordost. Statt zu ziehen, darf eine Figur auch einen gegnerischen Stein schlagen, der direkt östlich oder westlich neben der Figur steht. Aufgrund der Regeln kann jeder Spieler höchstens 7 · 5 = 35 Vorwärtszüge machen und höchstens 7 Schlagzüge, weil es nur 7 gegnerische Figuren gibt. Insgesamt ergibt das pro Spieler höchstens 42 Züge. Also ist das Spiel definitiv endlich.

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Referenzen

[Alt2002b]
I. Althöfer. Clobber – a new game with very simple rules.
ICGA Journal 25 (2002), 123–125.
[Heu2003]
S. Heuser. Randomized evaluation functions in single agent search.
Diplomarbeit, FSU Jena, Fakultät für Mathematik und Informatik, August 2003.
(Als Pdf-Datei erhältlich von althofer@minet.uni-jena.de)
[Rol2003]
T. Rolle. Development of a Multi-Game Engine.
Diplomarbeit, FSU Jena, Fakultät für Mathematik und Informatik, Mai 2003.
(Als Pdf-Datei erhältlich von althofer@minet.uni-jena.de)
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